Wie ich das Kohlezeichnen erlernt habe
Wusstest Du eigentlich, dass ich mich eine Weile im Kohlezeichnen geübt habe? Ich glaube, davon habe ich hier noch nicht erzählt.
Es war für mich eine wichtige Reise, durch die ich erkannt habe, dass man Zeichnen erlernen kann. Denn bis dahin dachte ich immer, dass man von Natur aus entweder gut zeichnen kann oder nicht... Dass es nur vom angeborenen Talent abhängt.
Die Geschichte beginnt damit, dass mein Freund mir zu Weihnachten Zeichenkohle geschenkt hat. Ehrlich gesagt, war ich überfordert mit dem Geschenk, denn ich dachte: ich kann nicht gut zeichnen, warum also soll ich mich abmühen?
Aber um meinem Freund eine Freude zu machen, hab ich mich einen Nachmittag lang hingesetzt und ihm einen Elefanten nach Vorlage abgezeichnet. Ich war ziemlich erstaunt wie gut mir das Bild gelungen ist, aber wirklich zufrieden war ich bei Weitem nicht. Das war mir aber auch wieder egal, da ich nicht vorhatte die Zeichenkohle jemals wieder anzurühren.
Dann kam ein richtig langer Lockdown in Italien und ich hatte sehr sehr viel freie Zeit. So kam es also, dass ich die Zeichenkohle wieder hervorkramte und einen weiteren Versuch wagte. Dieses Mal machte ich ein Foto von mir und versuchte es abzuzeichnen. Es dauerte viele Stunden und irgendwann gab ich auf, obwohl ich überhaupt nicht zufrieden war, sondern einfach nur frustriert.
Unter normalen Umständen wäre das wohl das Ende meiner Zeichenkohleexperimente gewesen. Aber mir war langweilig. Deswegen begann ich irgendwann damit, mir auf YouTube Videos anzusehen und zu verstehen, worauf es ankommt. Als nächstes habe ich mir über Umwege einige Utensilien nach Hause liefern lassen. Dann habe ich zwei Stunden damit verbracht, eine gute Skizze zu zeichnen. Anschließend hat es nochmal gut 8 Stunden gedauert bis mein Werk vollendet war (das Bild mit den zwei Händen, die eine Glaskugel halten). Ich war richtig zufrieden damit! Dieses Werk habe ich sogar im Zimmer aufgehängt und schaue es immer noch gerne an.
Das war der Moment, in dem ich realisiert habe, dass Zeichnen eine Fertigkeit ist, die man erlernen kann - durch viele Stunden Übung, richtige Utensilien und detaillierte Anleitungen. Diese Erkenntnis hat mir so viele Möglichkeiten eröffnet und hat wirklich mein Denken und Handeln verändert. Mir wurde klar, dass ich alles erlernen kann, worin ich nicht gut bin, wenn ich nur genügend Zeit und Ressourcen aufbringen kann. Und ganz ehrlich: in einer Zeit, in der Wissen und Anleitungen großteils kostenlos im Internet verfügbar sind, kann es jeder schaffen, etwas Neues zu lernen.
Also, hab keine Angst davor Fehler zu machen oder Bilder zu zeichnen, die niemals aufgehängt werden. Denn entgegen meiner ursprünglichen Annahme, ist anscheinend wirklich noch nie ein Meister vom Himmel gefallen. Wer hätte das gedacht...
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